Infos und F.A.Q.

Kampagne

Zunächst ist ein Tarifvertrag ein bürgerlich-rechtlicher Vertrag zwischen Parteien mit Tariffähigkeit zur Regelung ihrer Rechte und Pflichten. Er ist dem Arbeitsvertrag also nicht unähnlich, denn wie dieser, dient er der konkreteren Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite im allgemeinen Rahmen der Rechtsordnung. Er kann z. B. Bestimmungen zum Arbeitsentgelt, zu Arbeitszeiten oder zum Urlaubsanspruch enthalten.

Im Unterschied zum Arbeitsvertrag ist der Tarifvertrag aber auf Arbeitnehmerseite keine individuelle Vereinbarung, sondern eine kollektive. Tariffähig sind hier nur die Gewerkschaften und er gilt dann auch nur für alle bei dieser Gewerkschaft organisierten Mitglieder. In diesem Umstand reflektiert sich die eigentliche Bedeutung des Tarifvertrags und seine historische Genese. Denn ganz allgemein hängt der Inhalt von Verträgen wesentlich von der Verhandlungsmacht der vertragschließenden Parteien ab. Beim Arbeitsvertrag führt die existentielle Bedeutung der Arbeit zu einer ungleichen Machtlage zum Vorteil der Arbeitgeberseite, die die Verhandlungen für den Arbeitnehmer nicht selten auf ein bloßes take-it-or-leave-it reduziert. Die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer können sich nur ungenügend Geltung verschaffen.

Historisch führte erst die Organisation der Arbeitnehmer in Gewerkschaften zum Erschließen der nötigen Ressourcen und Druckmittel, um der Arbeitgeberseite nicht nur in den Vertragsverhandlungen Zugeständnisse abringen zu können, sondern den Tarifvertrag auch gesetzlich im Tarifvertragsgesetz als privilegierte Rechtsnorm vor dem Arbeitsvertrag und der Betriebsvereinbarung zu schützen. Somit stellt der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerseite eine Möglichkeit dar, durch solidarisches Handeln bestehende individuelle Arbeitsverträge in wichtigen inhaltlichen Punkten zu revidieren.

Du kannst verschiedenes tun: Du kannst zu unseren Vorbereitungstreffen kommen und dich an der Planung und Durchführung der Tarifkampagne beteiligen.

Du kannst dich an Aktionen beteiligen und deine Kolleg*innen über Aktionen informieren.

Du kannst in deinem Betrieb mit deinen Möglichkeiten für einen Tarifvertrag werben.

Ver.di erwartet einen Organisationsgrad und eine Durchsetzungsfähigkeit von mindestens 30% der Belegschaft als Voraussetzung für die Aufnahme von Tarifverhandlungen. Der Umstand, dass es in unseren Betrieben Mitglieder anderer Gewerkschaften gibt, die bereit sind, sich für unsere Forderungen einzusetzen, dürfte allerdings auch durch ver.di als förderlich für unser Vorhaben zur Kenntnis genommen werden.

Das gilt ebenfalls für das Engagement nicht gewerkschaftlich organisierter Kolleg*innen.

Der TV-L, ausgeschrieben: Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder, regelt bundesweit die Gehälter und Arbeitsbedingungen der Landesbeschäftigten. Im Land Berlin ist er außerdem Bezugspunkt für Tarifverhandlungen und Tarifverträge im Bereich der Sozialen Arbeit. Beispielsweise sind die Haustarifverträge bei der Berliner Lebenshilfe und bei der Spastikerhilfe vereinfachte Abwandlungen des TV-L.

Lesenswerte Sonderausgabe der Mitgliederzeitschrift „tacheles“ des Deutschen Beamtenbundes, als das Land Berlin im Oktober 2010 nach mehrjähriger Tarifflucht in den TV-L zurückgekehrt ist:
Tacheles Spezial Berlin [Auf den Seiten 6 bis 9 findest du bei Interesse eine gut verständliche, kurze Einführung in die wesentlichen Vorteile des TV-L gegenüber unserem jetzigen Zustand]

Die drei für uns relevanten Entgelttabellen, die ab 01.01.2019 gelten werden, bei einem Wochenfaktor von 4,348 und einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Land Berlin von 39,4 h:
Entgelttabelle 1.1.2019 bis 31.12.2019

Entgelttabelle 1.1.2020 bis 31.12.2020

Entgelttabelle ab 1.1.2021

Volltext des TV-L in der Fassung vom 07.11.2017

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in mehreren Urteilen seit 2009 sind Tarifverträge als wirtschaftlich anzusehen und somit zu refinanzieren. Diese Rechtsprechung hat übrigens Eingang ins neue Bundesteilhabegesetz gefunden. Selbstverständlich sind Tarifverhandlungen immer abhängig von den tatsächlichen Kräfteverhältnissen, und konfliktbereite Beschäftigte werden mehr erreichen als solche mit weniger Kraft.

Belege, samt Aktenzeichen der einschlägigen Urteile des Bundessozialgerichts seit 2009:
Bundessozialgericht setzt Rechtsprechung zur Refinanzierung von Tariflöhnen fort

BSG: Tarifliche Personalkosten auch in der Behindertenpflege wirtschaftlich angemessen (PDF)

BSG sorgt für Klarstellung in der Pflegesatzverhandlung (PDF)

Beleg zum §124 Absatz 1, letzter Satz Bundesteilhabegesetz:
Volltext: Bundesteilhabegesetz (PDF)

Bei ver.di sind ein gewisser Organisationsgrad und eine gewisse Konfliktbereitschaft der Beschäftigten Voraussetzung dafür, dass es grünes Licht für die Bildung einer Tarifkommission bzw. die Aufnahme von Tarifverhandlungen gibt. Sehr vereinfacht und unverbindlich ausgedrückt geht unter einem ver.di-Organisationsgrad von 30 % der Belegschaft plus Durchsetzungsfähigkeit nichts.

Wir lassen jetzt mal der Einfachheit halber die Mitglieder anderer Gewerkschaften im Betrieb weg (in unserem Fall sind dies v.a. Kolleg*innen von GEW und FAU). Eine ver.di-Tarifkommission wird von der ver.di-Mitgliederversammlung des betreffenden Betriebes gewählt. Kandidieren können ver.di-Mitglieder des jeweiligen Betriebes.

Die Tarifkommission führt die Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeber. Begleitet wird sie in diesem Prozess von dem*der zuständigen ver.di-Verhandlungssekretär*in. Kommt es zu einer Einigung, wird der Tarifvertrag von beiden Vertragsparteien unterschrieben und legt deren Rechte und Pflichten fest. Andernfalls darf ver.di zur Durchsetzung ihrer Forderungen streiken.

Siehe hierzu auch unter „Darf Mensch streiken?“

Weiterführende Informationen findest du bei Interesse hier:
Aufgaben für Tarifkommissionen – Kurzinformationen für Neueinsteiger
Kolleg*innen, die aktiv in die Tarifbewegung einsteigen wollen, ist folgender, uns in Papierform vorliegender Text zur Lektüre empfohlen: „In Tarifauseinandersetzungen stärker werden. Leitlinien des Fachbereichs Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Tarifauseinandersetzungen“ o.O. o.J.

Natürlich. Der*die Arbeitgeber*in kann attraktivere Angebote für die Besetzung von offenen Stellen machen. Manche Stellen, zum Beispiel Pflegefachkräfte und Verwaltungsmitarbeiter*innen sind unter anderem wegen schlechter Bezahlung in unseren Betrieben nur sehr schwer angemessen zu besetzen.

Der*die Arbeitgeber*in kann durch bessere Entlohnung die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen und so die Bindung an den Betrieb stärken und der teilweise erheblichen Fluktuation entgegenwirken.

Tarifbedingte Personalkosten in der Behindertenhilfe können durch die Einrichtungsträger*innen als wirtschaftlich angemessen in die Vergütungsverhandlungen eingebracht werden und dürfen nach gängiger Rechtsprechung und Gesetzeslage nicht als unwirtschaftlich angesehen werden. Das bedeutet, dass der*die Arbeitgeber*in einen Anspruch auf Refinanzierung tarifbedingter Mehrausgaben geltend machen könnte.

Ja.

Regelmäßig wird aber der*die Arbeitgeber*in die Vereinbarungen, die in einem Tarifvertrag geschlossen werden, für alle Arbeitnehmer*innen anwenden, um sie nicht zum Eintritt in die Gewerkschaft zu veranlassen. Dies wird häufig in Form einer sogenannten Gleichstellungsabrede als Anhang an den Arbeitsvertrag durchgeführt in der der*die Arbeitgeber*in sich verpflichtet, die tarifvertraglichen Regelungen für das Arbeitsverhältnis anzuerkennen und anzuwenden.

p> Wenn wir einen Tarifvertrag haben, dann ist dieser rechtlich bindend für beide Vertragsparteien.

Hinsichtlich der geregelten Tarifbereiche gilt für die gewerkschaftliche Vertragspartei Friedenspflicht, d. h. es darf nicht gestreikt werden. Tarifverträge sind meist befristet, d. h. sie haben eine sogenannte Laufzeit und werden regelmäßig nachverhandelt. Insbesondere gilt dies für unsere Entgelte und von diesen abgeleiteten Entgeltbestandteilen wie bspw. Zuschläge.

Tarifverträge wirken über die Laufzeit hinaus nach, sofern sie nicht gekündigt werden. Die Nachwirkung betrifft jedoch nur jene Arbeitnehmer*innen, die beim Ende des Tarifvertrages bereits beschäftigt waren und Mitglied der jeweiligen Gewerkschaft sind. Mit anderen Worten:

Will eine Belegschaft gute Tarifverträge erstreiten und dann auch behalten, so muss sie stets imstande sein, für ihre Forderungen zu kämpfen.

Ja, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Im Falle tarifgebundener Betriebe muss die sog. Friedenspflicht abgelaufen sein. Im tariflosen Zustand muss die Gewerkschaft den Arbeitgeber mindestens zu Tarifverhandlungen aufgerufen haben.

So funktioniert es bei ver.di:
Unsere Tarifkommission, von uns Gewerkschaftsmitgliedern im Betrieb gewählt, beantragt einen Streik beim Bundesvorstand, der prüft und entscheidet dann, ob er den Streik genehmigt. Während der Tarifverhandlungen kann die Gewerkschaft zum Warnstreik aufrufen. Erklärt die Gewerkschaft die Tarifverhandlungen für gescheitert, kann sie zum Streik aufrufen.

Beim Streikrecht handelt es sich um ein Grundrecht (Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz). Beschließt eine Gewerkschaft einen Streik und ruft ihre Mitglieder zur Arbeitsniederlegung auf, können diese sich auf die Rechtmäßigkeit des Streiks verlassen. Sie sind vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen ihres*r Arbeitgebers*in selbst dann geschützt, wenn ein Arbeitsgericht die Zulässigkeit des Streiks nachträglich verneinen sollte.

Weiterführende Informationen findest du bei Interesse hier:
Streik – Unser gutes Recht

und noch ausführlicher hier:
Fragen und Antworten – Streik

Nein, denn während des Streiks ruht das Arbeitsverhältnis. Der*die Arbeitnehmer*in braucht keine Arbeitsleistung zu erbringen. Ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht für die Dauer des Streiks nicht.

Ver.di zahlt ihren Mitgliedern (und nur den Mitgliedern) während der Streikteilnahme Streikunterstützung. Den Mitgliedern der ver.di wird vom ersten Streiktag an, zu dem zu vier oder mehr Stunden Arbeitsniederlegung aufgerufen wurde, Streikunterstützung bezahlt.

Weiterführende Informationen findest du bei Interesse hier:
Fragen und Antworten - Streik

In Arbeitskämpfen darf die Geschäftsleitung nicht so genannte „Notdienstarbeiten“ einseitig organisieren und einzelne Arbeitnehmer*innen hierauf verpflichten. Die Regelung der Modalitäten eines arbeitskampfbedingten Notdienstes ist – zumindest zunächst – gemeinsame Aufgabe des Arbeitgebers und der streikführenden Gewerkschaft. Notdienstarbeiten dürfen im Übrigen nicht zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs verlangt werden. Notdienstvereinbarungen sind nur mit der Streikleitung zulässig.

Zur Anregung und Ermutigung lest diesen Erfahrungsbericht aus der Feder unserer Frankfurter CeBeeF-Kolleginnen Gabriele Breder und Ulla Gast. Sie berichten dort von den drei Warnstreiktagen, mit denen die Belegschaft im April und Mai 2012 ihren Tarifvertrag erkämpft hat. Im Vorfeld waren in einer breit angelegten Diskussion unter Einbeziehung von Assistenznehmer*innen sog. „individuelle Streikmodelle“ entwickelt worden. Sie werden im Text nachvollziehbar vorgestellt:
Streiken bei einem sozialen Träger - Chaos oder Chance? (PDF)

Ausführliche arbeitsrechtliche ver.di-Informationen zum Notdienst während eines Streiks findest du hier:
Streikrecht - Notdienst (PDF)

Hält sich der*die Arbeitgeber*in nicht an Teile des Tarifvertrages, wird dies individuell geltend gemacht. Hält sich dann der*die Arbeitgeber*in immer noch nicht an Bestandteile, so wird gegebenenfalls Klage eingereicht.

Einen konkreten Fall aus unserem Frankfurter Schwesterbetrieb CeBeeF könnt ihr bei Interesse hier in der ver.di-Zeitung „drei“ vom Juni 2014 in dem Artikel „Tarifvertrag ignoriert“ nachlesen:

Tarifvertrag ignoriert (PDF)

Ja. Auch die Arbeitskampfrechte werden durch das Insolvenzverfahren nicht berührt. Die Arbeitnehmer*innen können streiken und der*die Insolvenzverwalter*in hat das Recht zur Aussperrung. (siehe: Erik Hintz, Elke Lill, Insolvenz und Arbeitsrecht, München: Verlag Vahlen 2016, S.9).

Selbstverständlich kann während der Tarifverhandlungen auf die wirtschaftliche Situation eines Betriebes Rücksicht genommen werden. Noch kein Betrieb ist anhand eines Tarifvertrages pleite gegangen…

Wir

Normalerweise treffen sich die Betriebsgruppen der Berliner Assistenzbetriebe in der verdi-Landesverwaltung Berlin-Brandenburg in der Köpenicker Straße 30 in 10179 Berlin einmal im Monat an wechselnden Tagen von 16-18 Uhr.

Nein. Manchmal gibt es Kaffee.

Solange der Arbeitsablauf des Betriebes nicht gestört, das Eigentum des*r Arbeitgeber*in nicht geschädigt oder sein*ihr Hausrecht nicht eingeschränkt wird, muss der*die Arbeitgeber*in die verfassungsrechtlich geschützte gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb dulden.

Grundsätzlich darf Gewerkschaftsarbeit nur in der Freizeit, sprich in der Pause ausgeübt werden. Flugblätter oder Betriebszeitungen können nur vor oder nach der Arbeit, bzw. während der Pausen weitergegeben werden.

Für alles Weitere muss vorher das Einverständnis des*r Arbeitgeber*in oder des*r Vorgesetzten eingeholt werden.

Nein. Wobei es natürlich nicht schaden kann, wenn du Gewerkschaftsmitglied bist oder werden möchtest.

Nein.

Aber es macht sich bezahlt, wenn wir uns organisieren und bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen.