Am vergangenen Dienstag, 03. September 2019 fand die Podiumsdiskussion zum Thema: „Persönliche Assistenz stärken: Tarifverträge sind zu refinanzieren!“ statt. Auf dem Podium saßen die beiden Senatorinnen Dilek Kalayci und Elke Breitenbach, als Vertreter der Assistenznehmer*innen Hans-Werner Fuhlroth, unsere beiden Kollegen Michael Teumer von ambulante dienste e.V. und Jan Lensing von Neue Lebenswege GmbH sowie die Geschäftsführung von ad Uta Wehde. Die Moderation übernahm Nadja Rakowitz, Buchautorin und Geschäftsführerin des Vereins demokratischer Ärztinnen und Ärzte.
Bedauerlicherweise fehlte vom Vorstand der AOK-Nordost Herr Michalak, der die Rückmeldung zur Teilnahme an dieser Veranstaltung bis zuletzt schuldig blieb. So mussten entscheidende Fragen hinsichtlich der Haltung der Pflegekassen zur Refinanzierung unserer Haustarifverträge und als ein Zünglein an der Waage zur Durchsetzung unserer Tarifautonomie unbeantwortet bleiben.
Im Kern der Diskussion ging es um die Frage nach dem jeweiligen persönlichen Beitrag aller Beteiligten, wie eine Stärkung und die Akzeptanz der Persönlichen Assistenz umgesetzt werden kann und – unter dem Aspekt der Tariftreue des Landes Berlin – was im Einzelnen getan werden kann oder als notwendig erachtet wird, so dass die zentralen Eckpunkte der Niederschriftserklärung als sichere Verhandlungsbasis angenommen werden und ihren Niederschlag in gelingende Aushandlungen des Tarifvertrages finden.
Im Großen und Ganzen herrschte Konsens aller anwesenden Parteien darüber, dass die angestrebten Haustarifverträge als Novum in Berlin einen richtigen und überaus wichtigen Schritt für die Anerkennung sowohl der Persönlichen Assistenz als solches, als auch der Beschäftigten mit ihren besonders vielfältigen fachlichen und persönlichen Qualifikationen in ihrer Tätigkeit darstellen. So war man der übereinstimmenden Meinung, dass die Angleichung an den Tarifvertrag der Länder (TV-L) längst überfällig ist und gleichzeitig aber auch eine starke Signalwirkung für andere freie Träger im care-Sektor haben kann, die schon seit Jahren von den Tarifentwicklungen abgekoppelt sind.
Im Detail gab es jedoch Unstimmigkeiten in Bezug auf die Rolle und des Handlungsspielraums der Berliner Senatorinnen, da einerseits die Refinanzierung als eine Pflichtübung erscheint, weil Assistenzleistungen qua Gesetz durch das Land Berlin garantiert und finanziert werden müssen. Zudem wäre ein Beschneiden einer Refinanzierung, ein Beschneiden unserer Tarifautonomie, die das Recht der eigenständigen Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch Tarifverträge umfasst und auf der Gesetzgebung des Grundgesetzes beruht. Andererseits stehen sich innerhalb des Senats viele weitere, zum Teil gegensätzliche Interessen gegenüber, wo erstens um Ressourcen und Gelder im jeweiligen Zuständigkeitsbereich konkurriert wird und zweitens über unterschiedliche politische Ansichten bzw. die politische Zusammensetzung des Senats Einfluss auf die Verteilung der Gelder genommen wird. Damit ist der Ausgang der Verteilungskämpfe unsicher und führt eher zu nur zögerlichen Zugeständnissen.
Insgesamt kam es zu einem regen Diskussionsaustausch, an dem auch das Publikum interessiert teilnahm. Letztlich bekräftigte die Geschäftsführerin Uta Wehde nochmals ihre Absicht, den Tarifvertrag mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen, Konflikte nicht zu scheuen und notfalls auch im Streit den Verhandlungspartnern gegenüberzutreten.
Tatsächlich wird erwartet, dass die Vergütungsverhandlungen nun endlich in diesem Monat aufgenommen werden. Mit dem bisherigen Gebaren der federführenden AOK-Nordost ist allerdings bereits jetzt davon auszugehen, dass unsere Forderungen nicht bereitwillig abgesegnet werden.
Deshalb rufen wir zur Kundgebung am 10. Oktober 2019 auf, wo wir laut und kämpferisch sein werden! Seid solidarisch und unbedingt dabei, bringt Eure Kolleg*innen, Assistenznehmer*innen, Freund*innen und Bekannte mit!